Während der Qigong-Praxis treten erfahrungsgemäß viele Fragen auf. Einige davon sind nachfolgend zusammengefasst. Die Antworten können sowohl Anfängern als auch Fortgeschrittenen als „Leitfaden“ für die eigenen Übungen dienen.
Prinzipiell kann man zu jeder Zeit Qigong üben. Wenn es möglich ist, sollte jedoch vorzugsweise morgens zwischen 5:00 und 7:00 Uhr, mittags zwischen 11:00 und 13:00 Uhr, abends zwischen 17:00 und 19:00 Uhr oder auch nachts zwischen 23:00 und 1:00 Uhr trainiert werden.
Je nach persönlichem Gesundheitszustand kann es auch günstig sein, gezielt andere Zeiten für das Training auszuwählen. Den Hintergrund hierfür bildet die Tatsache, dass einzelne, mit den inneren Organen verbundene Meridiane (Energieleitbahnen) zu bestimmten Zeiten in besonderer Weise aktiv und sensibel sind.
Die Wirkung der Übungen wird umso stärker, je länger man übt (ohne sich jedoch völlig zu erschöpfen). Anfänger oder Kranke können die Übungen mit einer Dauer von 5-10 Minuten beginnen. Die Übungszeit sollte nach und nach auf 35 Minuten bis hin zu einer Stunde oder mehr verlängert werden. Es ist möglich, drei Mal am Tag zu üben. Grundsätzlich reicht es jedoch aus, einmal am Tag zu trainieren, wenn diese Übungsphase lange genug dauert.
Für die Übungen sollte man einen ruhigen Ort mit ausreichend frischer Luft wählen und entweder morgens, mittags oder abends üben. Es ist günstig, den Blick nach Süden oder Norden zu richten.
Für Anfänger ist das Einhalten dieser Anforderungen von noch nicht so großer Bedeutung. Sie können die Übungszeit, den Ort und die Ausrichtung flexibel je nach den aktuellen Gegebenheiten auswählen. Genauso wie Fortgeschrittene sollten jedoch auch Anfänger während der Übungen von vorne kommenden Wind vermeiden.
Da beim Qigong eine intensive Verbindung zwischen dem Menschen und der Natur entsteht, ist es ratsam, weder in der freien Natur noch in geschlossenen Räumen Übungen zu machen, wenn die Natur sich nicht im Gleichgewicht befindet. Das ist zum Beispiel bei Unwettern, Sturm, Hagel, großer Hitze, starkem Nebel und Gewittern der Fall.
Man sollte die Übung ebenfalls verschieben, wenn man sehr müde oder emotional stark aufgewühlt ist. Außerdem ist es empfehlenswert, nicht mit leerem oder zu vollem Magen mit dem Training zu beginnen. Man sollte nach einer Mahlzeit etwa 30 bis 60 Minuten warten, bevor man Qigong trainiert. Umgekehrt sollte man nach dem Üben ebenfalls 30 bis 60 Minuten verstreichen lassen, bevor man etwas isst.
Ist man auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen, kann es, je nach Krankheitsbild, von Bedeutung sein, die Übungen individuell anzupassen. Diese Anpassung sollte stets in Absprache mit einem Qigong-Meister oder einem autorisierten Lehrer vorgenommen werden. Die gebotene Anpassung kann beispielsweise durch vereinfachte Bewegungsübungen oder durch spezielle Formen stiller Übungen erfolgen.
Frauen können, je nach persönlichem Empfinden, während der Menstruation normal weiterüben, auf vereinfachte Übungsformen zurückgreifen oder im Sitzen üben. Treten während der Menstruation unangenehme Empfindungen auf, können die Übungen für einige Tage ausgesetzt werden. Während der Schwangerschaft können ebenfalls vereinfachte Bewegungsübungen sowie Übungen im Sitzen oder im Liegen durchgeführt werden.
Zum Üben ist grundsätzlich jede Kleidung geeignet, die den Körper nicht einengt und in der man sich frei bewegen kann. Auch das Schuhwerk sollte bequem sein und nicht drücken oder einschnüren. Uhren und Schmuck sollten während des Qigong abgelegt werden, da sie unter Umständen die Übung in ihrer Wirksamkeit beeinflussen können.
Man sollte weder mit einem leeren, noch mit einem zu vollen Magen mit den Übungen beginnen. Möchte man morgens direkt nach dem Aufstehen trainieren, so kann man vor Übungsbeginn eine Kleinigkeit essen oder etwas warmes Wasser mit Honig trinken.
Während des Qigong-Trainings fließt die Energie „Qi“ im ganzen Körper. Dieser Prozess klingt nach dem Ende der Übung allmählich ab. Um diesen Vorgang nicht zu stören, sollte man nach dem Training noch etwa 30 bis 60 Minuten warten, bis man wieder Nahrung zu sich nimmt. Umgekehrt sollte man vor dem Üben ebenfalls 30 bis 60 Minuten auf das Essen verzichten. In diesen Zeiten vor und nach der Übung sollte auch nichts Kaltes getrunken werden.
Beim Qigong wird ein Zustand der Ruhe angestrebt, in dem keine bewussten Gedanken mehr aus dem Inneren aufsteigen. Eine Methode zum Erreichen dieses Ziels besteht darin, den Geist auf eine Sache zu konzentrieren. So kann man z.B. während des Trainings wiederholt den eigenen Körper beobachten und seine Haltung korrigieren.
Die natürlichste Methode des Umgangs mit den Gedanken besteht darin, sie einfach kommen und gehen zu lassen. Gelingt dies, so wird man bemerken, dass während der Übung die Flut der Gedanken nach und nach abnimmt. Schon allein durch die Übung selbst gelangt man so automatisch in einen Zustand der inneren Ruhe. Der Vorteil dieses Vorgehens besteht darin, dass alle Prozesse, die durch das Qigong im Körper angeregt werden, vollkommen natürlich und ohne Beeinflussung durch das Bewusstseins ablaufen.
Derartige Empfindungen sind ein gutes Zeichen. Jucken und Kribbeln bedeuten, dass die Energie (Qi) bereits anfängt zu wirken. Kratzt man sich während der Übung, so verschwindet die Qi-Wirkung auf Grund der äußeren Stimulation und der Effekt der Übung wird nur gering sein.
Die hier angesprochenen Phänomene treten meist bei Anfängern auf. Bereitet das Zittern keine Schmerzen, so kann man versuchen, einfach unverändert weiterzuüben. Sollte das Zittern zu anstrengend sein, so ist es Anfängern möglich, etwas weniger tief zu stehen. Wichtig ist dabei jedoch, dass die Knie nicht durchgestreckt sind. Ist man schon gut trainiert, so kann man zur Vermeidung des Zitterns noch tiefer stehen. Auch bei Schmerzen in den Knien kann man versuchen, durch eine leichte Veränderung der Standhöhe eine schmerzfreie Haltung zu finden.
Zittern der Beine und Schmerzen in den Knien sind Anzeichen dafür, dass sich die Energie (Qi) bereits im Körper bewegt, die Meridiane aber noch nicht hinreichend frei sind.
Der Übende muss zunächst unabhängig von eventuell vorliegenden Krankheiten auf jeden Fall eine Basisübung wie zum Beispiel das Stehen in der Reiterstellung oder eine entsprechende Sitzübung durchführen. Wurde mit der Übung ein gewisses Niveau an Energie aufgebaut, können auf dieser Grundlage dem Gesundheitszustand speziell angepasste Übungen trainiert werden.
Nach Ansicht der TCM treten Schmerzen stets dort auf, wo Blockaden des Qi-Flusses vorliegen. Die Schmerzen, die durch die Übung hervorgerufen werden, sind ein gutes Zeichen. Sie bedeuten, dass die Energie (Qi) die Erkrankung bereits positiv beeinflusst. Man sollte sich daher nicht beunruhigen lassen, sondern die Übung unbedingt fortsetzen.
Die Ursache liegt meist darin, dass die Wirbelsäule bei der Übung fälschlicherweise nicht gerade und entspannt in ihrer natürlichen Form gehalten wird. Die Bewegung von Qi und Blut ist dann besonders im Lendenwirbelbereich blockiert, wodurch Schmerzen hervorgerufen werden.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass eine Verletzung der Wirbelsäule vorliegt oder in der Vergangenheit vorlag. Die Energie (Qi) löst jetzt die dadurch entstandenen Blockaden auf, weshalb sich vorübergehend erneut Schmerzen einstellen.
Außerdem können Rückenschmerzen auch dann auftreten, wenn die Nierenenergie des Übenden schwach ist. In jedem Fall sollte weiter trainiert werden. Mit fortschreitendem Heilungsprozess und einer zunehmenden Sammlung von Qi werden die Schmerzen mit der Zeit abnehmen und schließlich ganz überwunden.
Die Ursache für kalte Hände bei der Übung liegt meist in Verspannungen im Schulterbereich, durch die der Fluss von Qi und Blut blockiert wird. Entspannt man die Schultern, so werden die Hände wieder warm. Es ist daher wichtig, die Schultern stets locker zu halten.
Derartige Probleme können die Folge von Verspannungen im Schulterbereich oder im ganzen Körper sein. Durch die Verspannungen wird ein ausgeglichener Energiefluss verhindert.
Eine weitere Ursache ist eine zu große geistige Anspannung bei der Übung, die durch eine übermäßig starke und damit unnatürliche Konzentration auf bestimmte Körperregionen entstehen kann. Kopfschmerzen oder Schwindel können auch auftreten, wenn man sich zwingen will, unbedingt die Anforderungen der Übung zu erfüllen, obwohl an diesem Tag die körperliche Kraft dafür vielleicht nicht ausreicht. Möglicherweise hat der Übende vor dem Training aber auch Alkohol getrunken.
Ist es bereits zu Kopfschmerzen oder Schwindelgefühl gekommen, so atmet man langsam aus oder legt während der Übung im Sitzen, Stehen oder Liegen beide Hände übereinander auf den Bauchnabel.
Herzklopfen kann entstehen, wenn der Geist keine Ruhe findet oder wenn man angespannt ist. Andere Ursachen können ein verspannter Brustkorb oder eine unnatürliche Atmung sein. In derartigen Fällen sammelt sich das Qi im Brustbereich und kann nicht abfließen, was wiederum das Herzklopfen hervorruft.
Während des Übens befreit man sich von vielen Gedanken, die einen unruhig machen und gelangt so in einen angenehmen, entspannten Zustand. Dabei verringert sich die geistige Aktivität, das Gehirn arbeitet weniger, der Körper ist entspannt und der Geist ruhig. Das alles sind gute Voraussetzungen für das Einschlafen. Schläfrigkeit und Müdigkeit treten oft bei Anfängern auf, wenn sie körperlich und geistig erschöpft in die Übung gehen.
Wenn man Schläfrigkeit und Müdigkeit nicht wirksam begegnen kann, sollte man die Übung unterbrechen, sich bewegen und das Gesicht massieren oder den Körper abklopfen. Das aktiviert das Nervensystem und wirkt erfrischend. Helfen auch diese Maßnahmen nicht, kann man Bewegungsübungen machen oder ein wenig warmes Wasser trinken.
Der Ruhezustand beim Qigong unterscheidet sich wesentlich vom Schlafzustand. Damit die Übung wirken kann, sollte man es daher möglichst vermeiden, während der Übung einzuschlafen. Therapeutisch kann der Effekt des leichten Einschlafens jedoch gut für Patienten genutzt werden, die unter Schlaflosigkeit leiden.
Bestimmte Übungen, wie beispielsweise das Stehen in der Reiterstellung und Fingerübungen, führen dazu, dass die Funktionen der Körperkreisläufe stark aktiviert werden. Dabei erweitern sich die Blutgefäße, das Körpervolumen nimmt zu und die Körpertemperatur steigt. Die Extremitäten oder auch der gesamte Körper fühlen sich dann warm oder heiß an. Das damit einhergehende Schwitzen dient der Reinigung des Körpers. Aus gleichen Gründen tritt bei manchen Anfängern der Effekt auf, dass speziell die Füße sehr heiß werden. Treten Phänome von Wärme oder Hitze auf, so sollte man unbedingt weiterüben. Der ganze Körper wird sich nach und nach regulieren, wohlig warm werden und ein angenehmes Gefühl wird sich einstellen.
Eine andere Ursache für die Wärmeentwicklung und das Schwitzen kann darin liegen, dass der Übende nicht entspannt ist, zu stark atmet oder zu viele bewegende Gedanken hat. Das führt insgesamt zu Unruhe und Nervosität. Treten Wärme und Schweiß aus diesen Gründen auf, sollte man keine Angst haben, sondern versuchen, den Grund für die Unruhe zu finden. Falls der Körper jedoch übermäßig heiß wird und man sehr stark schwitzt, ist es zu empfehlen, die Übung zu unterbrechen, sich entspannt hinzusetzen oder spazieren zu gehen.
Manche Übungen führen Männer und Frauen seitenverkehrt aus. Im Rahmen einiger Techniken werden beispielsweise die Hände übereinander auf den Unterbauch gelegt. Dabei legen Männer die rechte Hand über die linke, während Frauen die linke Hand über die rechte legen. Der Grund hierfür ist in der unterschiedlichen Natur beider Geschlechter zu finden und ist auf die Theorie von Yin und Yang zurückzuführen. Die Männer repräsentieren Yang, und die Frauen repräsentieren Yin. Darüber hinaus ist bei Männern die linke Seite Yang und die rechte Seite Yin, während es sich bei Frauen genau andersherum verhält.
Jedes Qigong-System hat eine eigene innere Logik und Vorgehensweise. Durch die Übungen aus unterschiedlichen Systemen kann der Energiefluss verschiedenartig angeregt und unter Umständen gegenläufig beeinflusst werden. Es ist daher sehr wichtig, nicht eigenmächtig Übungen aus verschiedenen Systemen zusammenzusuchen und sie gleichzeitig zu trainieren. Am besten ist das Training von Übungen nur eines passenden Qigong-Systems unter der Aufsicht eines Qigong-Meisters oder eines autorisierten Lehrers.
Auf Grund der breit gefächerten positiven Eigenschaften, aber auch durch die Möglichkeit die Übungen individuell anzupassen, ist Qigong mit wenigen Ausnahmen für alle Menschen geeignet. Durch die Übungen werden die Organfunktionen, alle Körpersysteme und die Abwehrkraft aktiviert. Gesunde sind damit in der Lage, ihren Gesundheitszustand zu pflegen und zu stärken, Krankheiten vorzubeugen und das Leben zu verlängern. Kranke können ihren Zustand verbessern oder sogar wieder gesund werden. Qigong ist selbst bei schweren chronischen Krankheiten oder Krebsleiden wirkungsvoll einsetzbar.
Qigong-Übungen eignen sich sowohl für gesunde, aber in besonderer Weise auch für kranke und schwache, übergewichtige sowie alte Menschen. Personen, die unter hoher körperlicher oder emotionaler Belastung stehen, können ebenfalls wesentlich von dieser Methode profitieren. Da Qigong ganzheitlich wirkt, verbessert sich parallel zur körperlichen Gesundheit auch der emotionale Zustand. Man entwickelt ein gutes Gefühl für den eigenen Körper und beruhigt den Geist. Qigong vermag daher auch bei Problemen mit Drogen oder Alkohol positive Wirkungen zu entfalten.
Trotz der positiven Auswirkungen von Qigong ist es in einigen seltenen Fällen nicht angeraten, Übungen durchzuführen. Qigong ist nicht geeignet für Personen
die an einer akuten Lungentuberkulose leiden,
die innere Blutungen haben,
bei denen blutende Geschwüre vorliegen,
die unter ansteckenden Krankheiten leiden.