Für den Betrachter zeichnet sich Taiji (hier genutzt als Kurzform von Taijiquan) vor allem durch ein hohes Maß an Ästhetik aus. Für die Praktizierenden hingegen stehen meditative Konzentration, eine harmonische Atmung und die Balance von Körper, Geist und Seele im Vordergrund. Taiji hat eine enge verwandtschaftliche Beziehung zum Qigong. Beide Methoden dienen dem Erhalt sowie der Stärkung der Gesundheit – und beide Methoden arbeiten mit der Energie „Qi“. Im Chinesischen wird das Qigong oft als Mutter des Taiji bezeichnet. Wer schon Erfahrungen im Qigong gesammelt hat, wird im Taiji ganz sicher davon profitieren.
Der Begriff „Taiji“ führt weit in die chinesische Geschichte zurück: Im Buch der Wandlungen (I Ging), einem mehrere tausend Jahre alten philosophischen Werk, wurde der Uranfang aller Dinge als leerer Kreis beschrieben. Das Taiji-Symbol stellt hingegen einen in hell und dunkel unterteilten Kreis dar. Es repräsentiert die Einheit einander ergänzender Gegensätze und steht gewissermaßen für den Ursprung von Himmel und Erde, von Yin und Yang. Der Begriff „Quan“ wird in der Regel mit „Faust“ übersetzt. Er gibt einen Hinweis darauf, dass das Taijiquan zu den klassischen Kampfkünsten gerechnet werden kann.
Es gibt eine Vielzahl von Ansichten und Legenden darüber, wo und in welcher Zeit die Ursprünge des Taijiquan liegen. Als sicher kann jedoch gelten, dass es bis in das 19. Jahrhundert hinein fast ausschließlich in Klostern sowie innerhalb weniger Familien weitergegeben wurde. Bekanntheit erlangte in diesem Zusammenhang vor allem die Familie Chen. Die Überlieferung besagt, dass sich im vorletzten Jahrhundert ein Mann namens Yang Lu Chan als Diener in das Haus der Familie Chen eingeschlichen hatte, um heimlich die wohlgehütete Kunst des Taijiquan zu erlernen. Dieser Diener unterrichtete später öffentlich in Peking und begann zugleich erste Veränderungen an der Methode vorzunehmen.
Inzwischen ist eine große Vielfalt verschiedener Schulen des Taijiquan entstanden. Sie tragen oft die Namen ihrer jeweiligen Entwickler. Die bekanntesten Richtungen sind der Chen-Stil, der Wu-Stil, der Yang-Stil, und der Sun-Stil.
Die Vielfalt des Taijiquan spiegelt sich u.a. in unterschiedlichen Schrittfolgen und Bewegungsabläufen wieder, aber auch in verschiedenen Formen des Krafteinsatzes und des Tempos. Neben den solo praktizierten Übungsformen existieren auch solche, die man gemeinsam mit einem Partner trainiert.
Zu den besonderen Varianten des Taijiquan zählen die sogenannten Waffen- oder Geräteformen, bei denen u.a. Schwerter, Lang- und Kurzstöcke sowie Fächer zum Einsatz kommen.